Erklärung zum Fortbestand des Arbeitsvertrages mit der Humboldt-Universität zu Berlin

Die Humboldt-Universität hat von der zuvor öffentlich angekündigten, aber bisher nicht vollzogenen Kündigung meines Arbeitsvertrages Abstand genommen und sich entschieden, eine Abmahnung auszusprechen. Ich freue mich über diese Entscheidung und bin sehr froh, dass meine künftige Arbeit an der Humboldt-Universität ohne eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung gesichert ist.

In den letzten Wochen hat es eine intensive Debatte um meine kurze Zeit bei der Stasi und den öffentlichen Umgang damit gegeben. Es tut mir sehr leid, dass auch die Humboldt-Universität zum Teil dieser Auseinandersetzungen wurde. Ich hatte als 18jähriger im September 1989 eine Ausbildung beim MfS begonnen und mich zu einer langfristigen Laufbahn bei der Stasi bereit erklärt. Mit dem Selbstbild einer nach fünf Monaten beendeten und nicht abgeschlossenen Ausbildung habe ich meine Biographie der Wendezeit gegenüber der Presse offengelegt und auch Lebensläufe und Formulare entsprechend ausgefüllt. Es gab dabei weder den Anlass zu einer Verschleierung, noch den Versuch einer bewussten Täuschung gegenüber der Humboldt-Universität oder der Öffentlichkeit.

In Abstimmung mit der Humboldt-Universität habe ich gestern erklärt:

„Ich bin mir heute bewusst, dass ich gegenüber der HU objektiv falsche Angaben hinsichtlich meiner Tätigkeit für das MfS gemacht habe. Ich bedauere das und ebenso, dies nicht sofort gegenüber der HU zum Ausdruck gebracht zu haben. Ich versichere gleichzeitig, neben der Grundausbildung und den von mir geschilderten Tätigkeiten in der Auswertungs- und Kontrollgruppe keine weiteren Aufgaben, weder hauptamtlich noch inoffiziell, für das MfS erledigt zu haben.“

Die Humboldt-Universität hat daraufhin von einer Kündigung Abstand genommen und mir eine Abmahnung ausgesprochen, gegen die ich arbeitsrechtlich nicht vorgehen werde. Nach meiner noch bis Ende 2018 laufenden (unbezahlten) Beurlaubung werde ich an den Arbeitsbereich Stadt- und Regionalsoziologie am Institut für Sozialwissenschaften zurückkehren und freue mich schon jetzt auf die Zusammenarbeit mit meinen Kolleg*innen und den Student*innen. Allen, die mich in den letzten Wochen unterstützt haben, möchte ich herzlich danken.

10 Gedanken zu „Erklärung zum Fortbestand des Arbeitsvertrages mit der Humboldt-Universität zu Berlin“

  1. Mein größter Wunsch ist, dass der Senat Formfehler erkennt und kausale Folgen beseitigt. Löschungen von Grundeigentum, welche sich nicht mit dem Gesetz vereinbaren lassen, sind leider nicht nur im Einzelfall sondern umfangreich in dem Bereich Abteilung Treuhand der Landeseigenen Wohnungswirtschaft über § 12 VermG über das Leerstandbeseitigungsprogramm und danach unter dem Motto Wohnungspolitischen Maßnahmen gelaufen. Das Gestrüpp des extrem schlanken Fußes der Behörden und Justiz benötigt dringend Entwirrung! Wenn Sie dazu bereit wären, wären die Berliner Ihnen dankbar!
    Mit freundlichen Grüßen
    Elisabeth Schwabe

  2. Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein!
    ,,Auf die Gegenwart kommt es an!“
    Mit 14 sind Kinder oft noch Wachs in den Händen ihrer Eltern, Lehrer, Lehrherren. Da sollte bitte keiner länger drauf rumreiten.

  3. Sie hatten die Absicht, beim MfS ganz fett Karriere zu machen, wie Ihr Papa und zwar bei der Hauptabteilung XX des MfS. Die war zuständig für die Überwachung und operative Bearbeitung von
    Staatsapparat, Blockparteien, Kirchen, Kultur, „politischer Untergrund“. Die ganz üble Sorte also.

    Insofern kann ich die Unterstützung durch protestierende Studenten nicht nachvollziehen. Denen scheint offensichtlich nicht klar zu sein scheint, dass Sie ihr Gegner gewesen wären, wenn es die DDR noch gäbe. Sie wären doch erklärter Gegner einer aufbegehrenden Studentenschaft gewesen. Es war u.a. die Aufgabe der Abteilung XX, private und berufliche Misserfolge von politischen Gegnern zu organisieren, das Selbstvertrauen systematisch zu untergraben, Misstrauen und gegenseitige Verdächtigungen innerhalb von Gruppen, Gruppierungen und Organisationen zu erzeugen und Gruppen, Gruppierungen und Organisationen mit ihren internen Problemen „zu beschäftigen“ mit dem Ziel der Einschränkung ihrer „feindlich-negativen“ Handlungen. Aber das ist Ihnen ja bestens bekannt. Angesichts dessen muss die studentische Unterstützung eher belustigend auf Sie gewirkt haben.

    1. Sehr geehrter Herr Menzel,

      vielen Dank für Ihren Kommentar. Zu ihren Annahmen bezüglich meine voraussichtlichen „Karriere“ bei der Stasi eine Frage: Woher wissen Sie, was das MfS mit mir vorhatte? In den Akten nachzulesen ist, dass ich ein Volontariat absolvieren und anschließend Journalistik studieren sollte. Über mögliche Dienststellen und Aufgaben nach diesem Studium wurde mit mir nicht gesprochen. Auch aus den Akten geht nicht hervor, was nach der Ausbildung für mich geplant war. Es gab sogar (wenige) Fälle, bei denen sich das MfS vor Abschluss der Ausbildung von den angeworbenen Kadern getrennt hat, weil sie doch nicht zuverlässig genug erschienen. Woher also nehmen Sie die Sicherheit, eine nicht stattgefundene Entwicklung zum Ausgangspunkt ihres Gedankenganges zu nehmen? Ob es beim MfS Abteilungen der „ganz üblen Sorte“ und weniger üble gab, kann ich nicht einschätzen. Ich jedenfalls bin sehr froh, dass es mir Dank der Wende erspart geblieben ist, das praktisch herauszufinden.

      Was meine Wahrnehmung von studentischen Protesten angeht, bitte ich Sie zu akzeptieren, dass mein Leben nicht 1989 stehen geblieben ist. Auch wenn Sie es sich vielleicht nicht vorstellen können, meine Einschätzung von gesellschaftlichen Tatbeständen erfolgt heute nicht aus der Perspektive des Jugendlichen, der sich mit 14 Jahren bereit erklärt hat, bei der Stasi anzudienen. Auch wenn es im Umgang mit DDR-Biographien offensichtlich schwerfällt zu berücksichtigen: Einsichten und Ansichten können sich im Verlauf des Lebens ändern. Meine ganz persönliche Aufarbeitung der DDR-Erfahrung mündete z.B. in einer bis heute anhaltenden Abneigung gegen autoritäre Strukturen in unserer Gesellschaft. Diese Überzeugung habe ich die letzten 27 Jahre ausgelebt und betrachte deshalb auch Proteste, die mehr Selbstbestimmung und Mitsprache fordern mit großer Sympathie.

      Mit freundlichen Grüßen,

      Andrej Holm

    1. Lieber daniel,

      ich habe mich bei meiner Berufung zum Staatssekretär für zwei Jahre beurlauben lassen, damit meiner Vertretung an der HU ein verlässlicher Vertrag angeboten werden konnte.
      Ich habe für die Zeit bis Ende 2018 erste Einladungen von anderen Universitäten, werde aber auch die Berliner Wohnungspolitik weiter kritisch begleiten.

      Beste Grüße,
      Andrej Holm

  4. Lieber Andrej,

    gleich aus drei verschiedenen Gründen freue ich mich sehr. Erstens kannst du wieder die Stelle besetzen, die mehr ist als eine institutionelle Position: das ist die beste Verbindung zwischen der Universität und der stadtpolitischen Bewegung, die wir je in Berlin hatten. Ich verfolge das seit Anfang der 1980er, ich darf das so behaupten.

    An der Verbindung von Persönlichem und Allgemeingesellschaftlichem oder Zeithistorischem scheitern regelmäßig bekannte und erfolgreiche Persönlichkeiten, in der Wissenschaft wie in der Politik. Du hast durch deine Aufrichtigkeit, auch durch diese Erklärung, uns allen gezeigt, wie es möglich ist, mit einer durch die Geschichte gebrochenen Biographie offen umzugehen.

    Das Ende deiner Auseinandersetzung mit der HU ist drittens ein kollektiver Erfolg all derjenigen, die dich unterstützt haben. Das ermuntert! Wir haben alle dazu gelernt, die HU, Die Linke, die kritischen WissenschaftlerInnen und natürlich die Studierenden der Unis, die die Aktionen getragen haben.

    Für das Recht auf eine kritische Wissenschaft, für das Recht auf Stadt!

  5. Lieber Andrej, es gibt nichts wofür Du Dich in irgendeiner Weise rechtfertigen musst, Du brauchst Dich auch für nichts zu entschuldigen. Da haben ganz Andere Dreck am Stecken, wie der von mir unlängst erwähnte Immobilienspekulant Maik Uwe Hinkel, der mit 20 Jahren der SED beitrat und über sieben Jahre im Dienste der Stasi tätig gewesen ist.
    Und wenn man hier von Schuld sprechen kann, dann sollte man einen Spruch beherzigen: Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein!
    Ich freue mich mit Dir über den guten Ausgang für Dich, dass Du Deinen POsten als Dozent bei der Humboldt-Uni behälst, es freuen sich mit Dir und mir zahlreiche BerlinerInnen!

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